Finanzier des Widerstandes Eugen Grimminger und die „Weiße Rose”

Dr. Michael Kißener

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Am 18. Februar 1943 gegen 11.00 Uhr verteilten Hans und Sophie Scholl das sechste Flugblatt der „Weißen Rose“ in München. Sie wurden beobachtet und verhaftet. Am 22. Februar bereits verurteilte sie dafür der nationalsozialistische Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler zum Tode. Noch am gleichen Abend wurden sie hingerichtet. Rund eine Woche dauerte es, bis auch vor Eugen Grimmingers Türe die Gestapo stand. Er wurde nach München überführt und mehrfach verhört. Der 52-Jährige gab dennoch nur preis, was nicht zu vermeiden war. Am Ende waren es 500 RM, die man ihm als Hilfeleistung für die „Weiße Rose“ nachweisen konnte – für den Staatsanwalt genug, um die Todesstrafe zu fordern. Hätte nicht Grimmingers Sekretärin Tilly Hahn den Vorsitzenden des Gerichts davon zu überzeugen vermocht, dass ihr Chef nur geglaubt habe, hilfsbedürftige Soldaten zu unterstützen, dann wäre dem Antrag des Staatsanwaltes wohl auch entsprochen worden. So aber lautete das Urteil auf 10 Jahre Zuchthaus, die er im Ludwigsburger Gefängnis absitzen sollte. Viel schlimmer als die Strafe freilich war, dass seine Frau nun das erwartbare Schicksal ereilte: sie wurde verhaftet und ermordet.

Familie Grimminger um 1908. Stehend von links: Eugen, Berta, Paul, Vater Franz Xaver, Alfred, Gottlob, Luise. Sitzend von links: Mutter Rosine Katharina (geb. Salzmann), Pauline.
Familie Grimminger um 1908. Stehend von links: Eugen, Berta, Paul, Vater Franz Xaver, Alfred, Gottlob, Luise. Sitzend von links: Mutter Rosine Katharina (geb. Salzmann), Pauline.

Unmittelbar nach dem Ende des Krieges engagierte sich Eugen Grimminger wieder im öffentlichen Leben Württembergs. Schon im Juni 1945 wurde er von der amerikanischen Militärregierung als Generalbevollmächtigter für Ernährung und Landwirtschaft in Württemberg eingesetzt und drei Monate später in den Gemeinderat der Stadt Stuttgart berufen. Bei der ersten Gemeinderatswahl nach dem Krieg im Mai 1946 trat er – politischen Parteien gegenüber skeptisch – für die „Freie Wählervereinigung“ an und wurde erneut Stadtrat. Bei einer Wahlkundgebung erklärte er: „Ich könnte nach all dem Schweren, das mir nicht erspart blieb, darauf verzichten, in der Öffentlichkeit tätig zu sein. Mir geht es aber darum, eine Erneuerung des Politischen und Parlamentarischen zu erringen. Es soll Duldsamkeit und das Ziel des Zusammengehens uns beherrschen. Es soll das Vereinigende höher gestellt werden und nicht das Trennende, und aus diesen Erwägungen heraus konnte ich mich mit den Zielen der ‘Freien Wählervereinigung’ einverstanden erklären.“

Im Laufe der Jahre übernahm Eugen Grimminger zahlreiche Ämter. So wurde er unter anderem Präsident der Württembergischen Raiffeisengenossenschaften, gehörte dem Aufsichtsrat der südwestdeutschen Landwirtschaftsbank und der Württembergischen Landesgenossenschaftsbank an und wurde zum Gründer der landwirtschaftlichen Genossenschaftsschule in Schrozberg. Die Universität Hohenheim ehrte seine Verdienste durch die Ernennung zum Ehrensenator. Darüber hinaus bewies er durch zahlreiche Schenkungen und Stiftungen eine außergewöhnliche Hilfsbereitschaft. Eugen Grimminger starb mit 93 Jahren 1986 auf seinem Anwesen bei Stuttgart.

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