Hitler die größte Gottesgeißel

Vater von Hans und Sophie Scholl musste für diese Aussage ins Gefängnis

Bericht im HT vom 20. Juli 2004 / ZEITGESCHICHTE / Robert Scholl und der 20. Juli 1944

Im Bewusstsein vieler Zeitgenossen ist das besondere Crailsheimer Gedenken an die Widerstandskämpfer der "Weißen Rose" um den in Ingersheim geborenen Hans Scholl eine Erscheinung der letzten Jahre. Das ist nicht ganz richtig. Schon früh gab es Gedenkveranstaltungen.

Bereits vor vier Jahrzehnten hob man von offizieller Seite die besondere Beziehung der Stadt zu Hans Scholl hervor. Höhepunkt in einer ganzen Reihe von Veranstaltungen war der Auftritt des Vaters der Geschwister Scholl, Robert Scholl, am 20. Juli 1964 bei einer Gedenkveranstaltung im Ratssaal.

Die Einladung Robert Scholls zur Crailsheimer Gedenkfeier am 20. Jahrestag des Stauffenberg-Attentats auf Hitler ging auf eine Initiative des Kreisjugendrings zurück. Unter dem Vorsitz von Rudolf Schütt, Pfarrer an der Christuskirche auf dem Sauerbrunnen, kümmerte sich der Kreisjugendring in diesen Jahren auch um die Gestaltung würdiger Feiern zum 17. Juni (Aufstand in der DDR) und 20. Juli (Attentat auf Hitler). Schütt, der von 1965 bis 1977 zunächst für die CDU und dann für die Freie Wählervereinigung auch im Crailsheimer Gemeinderat saß, hatte offenkundig den Kontakt zu Robert Scholl hergestellt.

Die Familie Scholl vor dem Ludwigsburger Schloss 1930/31 (v.li.n.re.): Robert Scholl mit seinen Kindern Inge, Hans, Elisabeth, Sophie und Werner. FOTO: Stadtarchiv Crailsheim/Sammlung E. Hartnagel
Die Familie Scholl vor dem Ludwigsburger Schloss 1930/31 (v.li.n.re.): Robert Scholl mit seinen Kindern Inge, Hans, Elisabeth, Sophie und Werner. FOTO: Stadtarchiv Crailsheim/Sammlung E. Hartnagel

In Crailsheim war man erst ein Jahr zuvor, 1963, auf die besondere Beziehung der Stadt zu Hans Scholl aufmerksam geworden. Nachforschungen in den Standesamtsbüchern anlässlich der bundesweiten Gedenkfeiern zum 20. Jahrestag der Hinrichtung der Geschwister Scholl im Februar 1963 hatten die Ingersheimer Abstammung Hans Scholls zu Tage gefördert. Diese Entdeckung führte schon in der folgenden Sitzung des Gemeinderats zu einer Aussprache über eine angemessene Ehrung Hans Scholls in Crailsheim. In großer Einmütigkeit unterstützten die Wortführer aller Fraktionen entsprechende Schritte. Diskutiert wurden die Anbringung einer Gedenktafel am Geburtshaus und die Benennung der Ingersheimer Schule nach den Geschwistern Scholl. Letzteres konnte ein knappes Jahr später realisiert werden. Am 23. Januar 1964 beschloss der Gemeinderat sowohl die Erweiterung als auch den neuen Namen der Schule: "Geschwister-Scholl-Schule". Im gleichen Jahr fand zum Hinrichtungstag der Scholls, dem 22. Februar, die erste Gedenkveranstaltung in Ingersheim statt. Die SPD lud zu einer "staatspolitischen Feier" ins Gasthaus Hohenstein ein. Gemeinderat Fritzmartin Ascher und der frühere württembergische Innenminister Fritz Ulrich hielten Ansprachen.

(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Hohenloher Tagblatts)

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