Ansbach – Nachbarstadt und Terra inkognito

Das Gruppenfoto zeigt die Teilnehmer auf der Treppe der Karlskirche
Das Gruppenfoto zeigt die Teilnehmer auf der Treppe der Karlskirche

Da staunten die Mitglieder des Arbeitskreises Weiße Rose Crailsheim und des Fördervereins Erinnerungsstätte „Die Männer von Brettheim“ nicht schlecht. Sie waren auf den Spuren von Robert Limpert und Friedrich von Praun unterwegs und entdeckten en passant eine ihnen überraschend weitgehend unbekannte Nachbarstadt.

Der erste Weg führte in die Bischof-Meiser-Straße zur Evangelischen Landeskirchenstelle, der früheren Dienststelle von  Friedrich von Praun. Verwunderlich die Kombination von Haus- und Straßennamen. Steht doch immer noch der Vorwurf von Hasso von Haldenwang im Raum, der damalige Bayerische Landesbischof habe seinen Kirchenjuristen fallen lassen, als dieser wegen regimekritischer Äußerungen denunziert und in Nürnberg inhaftiert worden war.  Am 19. April 1944 kam von Praun unter nicht geklärten Umständen ums Leben. Begraben  ist übrigens nicht weit weg von Crailsheim: in Unterdeufstetten.
Intensiver gedachten die Ansbach dem jugendlichen Widerstandskämpfer Robert Limpert. An seinem einstigen Wohnhaus in der Kronenstraße 6 befindet sich eine Bronzeplastik in Tropfenform. Sie zeigt einen einsamen Rufer mit Posaune in der Wüste, gefangen in einer Henkerschlinge. Ursprünglich sollte die Plastik am Rathaus angebracht werden, was jedoch mangels Unterstützung nicht realisiert werden konnte.

Erinnerungstafel am früheren Wohnhaus von Robert Limpert.
Erinnerungstafel am früheren Wohnhaus von Robert Limpert.

Im Frühjahr 1945 forderte der Student Robert Limpert mit gleichgesinnten Freunden die Bewohner von Ansbach auf, sich gegen die „Nazi Henker“ zu behaupten und die fränkische Stadt kampflos den amerikanischen Truppen zu übergeben. Nur wenige Stunden vor Einmarsch der US-Amerikaner erhängte der Kampfkommandant Dr. Ernst Meyer eigenhändig den erst 19jährigen an einem Haken in der Rathausmauer. Auf seine Anweisung blieb der Leichnam als Warnung hängen, bis ihn US-Soldaten nach Einnahme der Stadt abnahmen.

Heute befindet sich dort im Rathaushof eine Gedenktafel für Limpert. Der Hof soll nach seiner Renovierung in Robert-Limpert-Hof benannt werden. Die Renovierung lässt allerdings auf sich warten, so die Auskunft des Stadtführers. Eine weitere Gedenktafel befindet sich in der katholischen Pfarrkirche St. Ludwig am Karlsplatz.

In den frühen Jahren des »Dritten Reichs« war es auch unter Bayerns Protestanten zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der »Bekennenden Kirche« und der »Deutschen Christen« gekommen. Der „Ansbacher Ratschlag“, ein  kirchengeschichtlich bedeutsames Protestschreiben gegen die Barmer Theologische Erklärung, ist 1934 von acht Theologen, darunter sechs fränkischen Pfarrer, in Ansbach unterzeichnet und veröffentlicht worden. Darin wurde eine Theologie postuliert, die – jedenfalls von Nationalsozialisten – als mit deren Ideologie vereinbar angesehen wurde.

Auch Ansbach gedenkt, wie Crailsheim, seiner verfolgten jüdischen Mitbürger mit Stolpersteinen.  46 kleine Gedenktafeln aus Messing erinnern inzwischen an die Schicksale dieser Opfer. Ansbachs Innenstadt wurde, im Unterschied zu Crailsheim, nicht zerstört. Auch nicht die Synagoge. Unscheinbar wirkt sie von außen, doch hinter der Fassade mit den hohen Rundbogenfenstern an der Rosenbadstraße verbirgt sich ein Baudenkmal von hohem Rang. Bereits 1732 erteilte der Ansbacher Markgraf der jüdischen Gemeinde in Ansbach die Erlaubnis, ein eigenes Bethaus zu bauen. Es sollte, so die Bestimmung des Markgrafen, ein „versteckter Winkel in der Stadt“ sein und die Synagoge solle von außen nicht als jüdisches Bethaus zu erkennen sein. Noch heute bietet sich dem Besucher der Zustand beinahe wie zur Einweihung.  Zwar wurde sie geschändet, wegen der engen Bebauung aber nicht angezündet und überstand so die sogenannte „Reichskristallnacht“ im November 1938 und wird seit der Nachkriegszeit als musealer Raum für kulturelle Zwecke genutzt.

Staunen konnten die Crailsheimer und Brettheimer auch über die Markgrafen-Gruft. Unter  der Kirche St. Gumbertus beherbergt sie die Sarkophage der Ansbacher Markgrafen, die ja 400 Jahre auch die Herren von Crailsheim gewesen waren.

Ein letzter Höhepunkt der Stadtführung war schließlich die Besichtigung der markgräflichen Trauerfahnen. Solche Fahnen waren für das feierliche Leichenbegräbnis, zum Beispiel des 1667 verstorbenen Ansbacher Markgrafen Albrecht bestimmt. Sie sind aus jeweils drei Stoffbahnen eines schwarzen Seidendamastes zusammengesetzt und sensibel restauriert. Auch die Trauerfahne eines Craft von Crailsheim von 1705, einem Adeligen aus dem Gefolge der Markgrafen, befindest sich der Sammlung, die heute dem Freistaat Bayern gehört.

Nach einem fünfstündigen Streifzug durch die Stadt hatten die Teilnehmer noch nicht einmal Schloss und Orangerie besichtigt. Ein Grund bald wieder nach Ansbach zu kommen.

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