Die Angst der Nazis

Sie fürchteten Schreibmaschinen offenbar mehr als Waffen
Eine Schreibmaschine, wie sie Hans Scholl beim Schreiben der "Weiße Rose"-Flugblätter verwendet hat, steht seit gestern im Rathaus. Es ist das Geschenk eines Gönners des "Arbeitskreises Weiße Rose".

Artikel vom 14.02.2009 aus SÜDWEST AKTIV von ANDREAS HARTHAN

Auf so einer Schreibmaschine, einer "Remington Portable 1928", schrieb Hans Scholl 1942 und 1943 Flugblätter der "Weißen Rose". Ursula Mroßko, Vorsitzende des Vereins "Weiße Rose - Arbeitskreis Crailsheim" brachte die Maschine gestern ins Crailsheimer Rathaus, wo sie in den nächsten Wochen zu sehen ist. Fotos: Andreas Harthan
Auf so einer Schreibmaschine, einer "Remington Portable 1928", schrieb Hans Scholl 1942 und 1943 Flugblätter der "Weißen Rose". Ursula Mroßko, Vorsitzende des Vereins "Weiße Rose - Arbeitskreis Crailsheim" brachte die Maschine gestern ins Crailsheimer Rathaus, wo sie in den nächsten Wochen zu sehen ist. Fotos: Andreas Harthan

Giselher Technau war lange Jahre Geschichtslehrer am Albert-Schweitzer-Gymnasium. Seit seiner Pensionierung hält sich der Historiker oft in Berlin auf und forscht in Archiven. Davon profitiert der Crailsheimer "Arbeitskreis Weiße Rose", dessen Mitglied Technau ist. Am Donnerstag stellte er nach der Hauptversammlung des Vereins (siehe gesonderter Bericht) das Ergebnis seiner Nachforschungen in Sachen Schreibmaschine der studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" vor.

Das Schicksal dieser Schreibmaschine sagt viel über das Verhältnis der Nazis zu Menschen und Dingen aus, auch deswegen sind die Ergebnisse seiner Forschungen im Bundesarchiv in Berlin so interessant. Für Technau steht fest: "Die Nazis hatten vor Schreibmaschinen offenbar mehr Angst als vor Waffen."

Nachdem Hans und Sophie Scholl im Februar 1943 beim Auslegen von Flugblättern in der Münchner Universität erwischt und festgenommen worden waren, wurde intensiv nach der Schreibmaschine gefahndet und das Gerät bereits einen Tag später von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) beschlagnahmt. Dann setzten umfangreiche kriminaltechnische Untersuchungen in München und Berlin ein, die nur ein Ziel hatten: den Geschwistern Scholl nachzuweisen, dass die Flugblätter, die sie verteilt hatten, auf dieser Maschine geschrieben worden waren. Für Staatspolizei und Reichsanwaltschaft war sie ein gefährliches Tatwerkzeug, ermöglichte es doch, Widerstand gegen das Regime zu formulieren und unters Volk zu bringen.

Michael Kaufmann vom Weiße-Rose-Institut in München stellte Bücher aus der Bibliothek von Hans und Sophie Scholl vor. Foto: A.Harthan
Michael Kaufmann vom Weiße-Rose-Institut in München stellte Bücher aus der Bibliothek von Hans und Sophie Scholl vor. Foto: A.Harthan

Die Nazis brauchten nur vier Tage, um die beiden Studenten zu verurteilen und hinzurichten. Mit Dingen machten sie es sich nicht so einfach. Bis der Besitzer der Schreibmaschine (er hatte sie an Hans Scholls Freund Alexander Schmorell ausgeliehen) das Gerät wieder in Händen hatte, dauerte es über ein Jahr. Erst 1944 fand die Maschine den Weg von Berlin zurück nach München. Heute befindet sie sich im Besitz des Weiße-Rose-Institutes in München.

Dessen Geschäftsführer Michael Kaufmann stellte am Donnerstag in der Geschwister-Scholl-Schule in Ingersheim Bücher aus der Bibliothek von Hans und Sophie Scholl vor. Ziel des 2003 gegründeten Institutes ist die Gesamtwürdigung des Widerstandes der "Weißen Rose", deren führender Kopf der in Crailsheim geborene Hans Scholl war. Kaufmann zeigte sich von den Aktivitäten des Crailsheimer "Arbeitskreises Weiße Rose" so beeindruckt, dass er Mitglied wurde.

(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Hohenloher Tagblatts)

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