Wären wir denn Helden?
Seit Dienstag erinnert eine Gedenktafel am Geburtshaus an Hans Scholl Nach jahrelangen Irrungen und Wirrungen steht jetzt in Ingersheim am Geburtshaus von Hans Scholl eine Informations-Gedenktafel. Zum 90. Geburtstag des Widerstandskämpfers wurde sie feierlich enthüllt.
Artikel vom 25.09.2008 aus SÜDWEST AKTIV von MATHIAS BARTELS

Am Montag wäre Hans Scholl, der Kopf der Widerstandsgruppe "Weiße Rose", 90 Jahre alt geworden. Wegen des Volksfests einen Tag später gedachten zahlreiche Crailsheimer und weitere Gäste, darunter die Schwester Scholls, Elisabeth Hartnagel, des großen Sohns der Stadt. Am Schollenberg 6, seinem Geburtshaus, kündet seit Dienstag eine Stele vom Schicksal des am 22. Februar 1943 hingerichteten Kämpfers für die Freiheit.
Nach zahlreichen vergeblichen Anläufen, Scholls Geburtshaus ehrend zu kennzeichnen, war es nun einer Schülergruppe der Kaufmännischen Schule um die Geschichtslehrerin Karin Durst vorbehalten, die Gedenktafel entscheidend auf den Weg zu bringen. Von den jungen Leute stammen die ersten Entwürfe der metallenen Tafel.
"Für die Zukunft Zeichen zur gemeinsamen Erinnerung setzen", so Peter Pfitzenmaier als Sprecher der Initiativgruppe Geschwister Scholl während der kleinen Feierstunde, das sei bitter notwendig. Jetzt sei auch Hans Scholls Geburtshaus nicht mehr anonym, fuhr der frühere Dekan fort. Er wünschte sich, dass in Zukunft viele Ingersheimer auf das neue Erinnerungszeichen besonderes Augenmerk hätten und "um seine Bedeutung wissen, wenn man sie danach fragt". Das bleibende Vermächtnis der ganzen Familie Scholl sei es, "dass wir mutig aufstehen, hinstehen, widerstehen, wenn Gefahr im Verzug ist und schlimmen Gewalten Trutz geboten werden muss", sagte der Pfarrer.

Niemand könne nach der historischen Erfahrung von Barbarei, Völkermord, Krieg und Zerstörung behaupten, er wisse von nichts. Niemand werde auch irgendetwas beschönigen können, meinte Oberbürgermeister Andreas Raab in seiner Ansprache. Weiter ging er auf jene ein, die während der Zeit des Naziterrors weggeschaut, sich nicht engagiert hätten. "Und Hand aufs Herz", sprach Raab die Umstehenden an, "wären wir denn zu Helden geworden?" Er selber sei sicher, dass es seinerzeit wesentlich schwerer war, ein Held zu sein, als wegzuschauen. Die Mitglieder der "Weißen Rose" lieferten wie auch andere Widerstandskämpfer bis heute wertvolle Vorbilder für moralische Integrität, Standhaftigkeit, persönlichen Mut und Zivilcourage, sagte er und erinnerte an Werte wie Humanität, Respekt, Toleranz und friedliches Miteinander, denen das politische Handeln nicht nur in Crailsheim verpflichtet sei. "Menschen wie Hans Scholl und Eugen Grimminger, zwei Söhne unserer Stadt, sind uns dabei Vorbild und Ansporn", sagte Andreas Raab.
(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Hohenloher Tagblatts)