Über das Janusgesicht

HT, 14.03.2008

Arbeitskreis Weiße Rose fragt nach Wert eines Denkmals

Der Ravensburger Kulturreferent Dr. Franz Schwarzbauer mit Ursula Mroßko, der Vorsitzenden des Crailsheimer Arbeitskreises Weiße Rose.
Der Ravensburger Kulturreferent Dr. Franz Schwarzbauer mit Ursula Mroßko, der Vorsitzenden des Crailsheimer Arbeitskreises Weiße Rose.

Wie, warum und zu welchem Ende errichtet man ein Mahnmal oder Denkmal? Das war kürzlich die Frage einer Veranstaltung des Arbeitskreises Weiße Rose mit Dr. Franz Schwarzbauer.

Ein Denkmal habe immer zwei Seiten im Blick, die Vergangenheit und die Zukunft. Darauf verwies Bürgermeister Holl in seinem Grußwort. Außerdem sei für ihn wichtig, dass ein Denkmal nicht zu einem moralisch erhobenen Zeigefinger werde.

Damit war der Bürgermeister schon mitten im Vortrag. Die partielle Janusgesichtigkeit eines Denkmals griff Dr. Schwarzbauer, Kulturreferent der Stadt Ravensburg, auf. Zum einen verweise ein Denkmal an ein historisches Ereignis, zum anderen sei es identitätsbildend in Gegenwart und Zukunft.

Am Beispiel der Diskussion um das Holocaust-Denkmal in Berlin zeigte Schwarzbauer, wie wesentlich es ist, dass die Debatte das Vorhaben nicht paralysiere. Ein stetiger Entwicklungsprozess, eingebunden in das Leben der Stadt, sei nötig. Anhand des Denkmals in Weißenau machte er deutlich, wie dies zu realisieren ist. Beim Entscheidungsprozess sei es grundlegend, dass die Initiative, die von einer Gruppe oder Institution ausgehen könne, von der Stadt aufgenommen würde. In Ravensburg sei das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) initiativ gewesen.

In diesen Entscheidungs- und Entwicklungsprozess habe man Fachleute, Vertreter der Stadt, des ZfP und sogar einen Vertreter des Schülerrats eingebunden. Wichtig sei, dass die Struktur der Entscheidungsfindung einerseits klar definiert ist, es andererseits aber auch große Offenheit gibt.

So hätten in Ravensburg-Weißenau jederzeit interessierte Personen aus der Bürgerschaft an den Sitzungen teilnehmen können. Bei der Suche nach geeigneten Künstlern habe jeder Bürger ein Vorschlagsrecht gehabt. Von 50 vorgeschlagenen Künstlern kamen acht schließlich in die engere Wahl.

Die Anwesenden bekundeten, dass das Denkmal der grauen Busse wirklich gelungen sei. In der Diskussion des speziell interessierten Publikums ging es vor allem aber um das Warum. Im Gespräch wurde deutlich, dass es in Crailsheim nicht um ein Mahnmal, sondern um ein Denkmal geht, um einen Ort des Erinnerns und der Identifizierung mit zwei Crailsheimern, die durch ihren vorbildlichen Einsatz für Freiheit und Demokratie, durch ihre Zivilcourage Zeichen gesetzt hätten. Darauf könne Crailsheim mit Recht stolz sein. pm

(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung durch das Hohenloher Tagblatt)

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