Was würde sie tun?
Todestag von Sophie Scholl jährt sich morgen zum 66. Mal Der Name Sophie Scholl sagt vielen Menschen etwas. Was denn eigentlich, fragt Barbara Sichtermann in ihrem neuen Buch über die junge Frau, die 1943 von den Nazis hingerichtet worden ist.
Artikel vom Samstag 21.02.2009 aus SÜDWEST AKTIV von ANDREAS HARTHAN

Sophie Scholl, deren Todestag sich morgen zum 66. Mal jährt, ist das bekannteste Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose,", die 1942 und 1943 mit Flugblättern gegen das Nazi-Regime agitierte. Am 22. Februar 1943 wurden Sophie und ihr in Crailsheim geborener Bruder Hans in München von den Nazis hingerichtet.
Seither sind viele Bücher über Sophie Scholl erschienen, ist unendlich viel über sie geschrieben worden. Aber es gibt immer wieder Werke, die nicht nur wiederholen und variieren, sondern neue Ansätze verfolgen. Ein solches ist das neue Buch der Zeit-Autorin Barbara Sichtermann. "Wer war Sophie Scholl?" heißt es und ist in dem noch jungen Berliner Verlag Jacoby & Stuart erschienen. Im Grunde ist es ein Jugendbuch, das aber - wie alle guten Jugendbücher - auch Erwachsenen etwas zu sagen hat.
Aus der Masse der Sophie-Scholl-Literatur sticht dieses schmale aber gehaltvolle Buch schon deshalb heraus, weil es nicht nur der historischen Figur nachspürt, sondern die eigentlich naheliegende Frage stellt, was Sophie Scholl tun würde, wenn sie heute 16, 17, oder 18 Jahre alt wäre.
Barbara Sichtermann lässt Jugendliche der Sophie-Scholl-Gesamtschule in Berlin zu Wort kommen und die haben eine genaue Vorstellung davon, wo und wie sich ein junger Mensch heute engagieren sollte. In Afrika beispielsweise, "da, wo wirklich was los ist, wo die Menschen verrecken, weil sie nichts zu essen haben oder weil Bürgerkrieg herrscht". Sophie würde heute keine Flugblätter mehr verteilen, sagen die Jugendlichen, sondern das Internet nutzen.
Schade, dass Sophie Scholl solche Dialoge nicht hören kann. Hätten sie die Nazis nicht hingerichtet, wäre sie jetzt 87 Jahre alt und könnte jungen Menschen viel erzählen über Gewissen, Mut und Wachsamkeit. Reden miteinander können aber die Jugendlichen von heute, die Schüler von Geschwister-Scholl-Schulen in Deutschland - etwa über die Frage, wo und wogegen heute Widerstand zu leisten ist, schlägt Sichtermann vor.
Es ist gut, dass eine Büste von Sophie Scholl in der nationalen Gedenkstätte Walhalla steht. Aber mindestens genauso wichtig ist ein Buch wie das von Barbara Sichtermann, denn es schlägt den Bogen in die Gegenwart, etwa mit dem Vorschlag, einen Kongress aller Scholl-Schulen zu veranstalten.
(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Hohenloher Tagblatts)