Finanzier des Widerstandes Eugen Grimminger und die „Weiße Rose”

Dr. Michael Kißener

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In der württembergischen Landeshauptstadt arbeitete Grimminger fortan als Revisor beim Verband Landwirtschaftlicher Genossenschaften in Württemberg. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht in Deutschland übernahmen, wurde Grimminger also gleich in zweifacher Hinsicht zum Außenseiter. Seine Ehe mit einer Jüdin passte weniger denn je in die Zeit und sein Pazifismus stand diametral gegen den Militarismus der Nationalsozialisten. Es dauerte dann auch nicht lange, bis ihn seine offene Gegnerschaft zum Nationalsozialismus die berufliche Stellung kostete. 1935 wurde er trotz unbestreitbarer Verdienste entlassen. Er musste um seine wirtschaftliche Existenz kämpfen, bemühte sich um Ablegung des Wirtschaftsprüferexamens, die ihm verweigert wurde, und konnte schließlich mit Hilfe Dritter vereidigter Buchprüfer werden. In dieser Funktion nun fand er einen engen Kontakt zu Robert Scholl, der inzwischen als Bücherrevisor und Steuerberater arbeitete. Als Robert Scholl im August 1942 wegen regimekritischer Äußerungen zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt wurde, vertrat Grimminger ihn ohne Zögern in seinem Ulmer Treuhandbüro. Auch sonst suchte Grimminger Kontakt zu regimefeindlichen Kreisen in Stuttgart und half Juden zur Flucht. Es bedeutete also kein Risiko, als sich Hans Scholl im November 1942 dieses Freundes der Familie erinnerte und ihn zusammen mit Alexander Schmorell aufsuchte.

Besitznachweisheft des  Zuchthaus-Gefangenen Eugen Grimminger, Ludwigsburg 1943
Besitznachweisheft des Zuchthaus-Gefangenen Eugen Grimminger, Ludwigsburg 1943

Die „Weiße Rose“ hatte im Frühjahr und Sommer dieses Jahres bereits einige Flugblätter verfasst, die in kleiner Auflage hergestellt und umständlich per Post an Personenkreise versandt worden waren, von denen man sich Unterstützung erwartete. Um wirklich etwas erreichen zu können, musste der Leserkreis ausgeweitet werden. Nicht wenige hundert, tausende Flugblätter mussten hergestellt und verbreitet werden, nicht nur in München, sondern überall in Deutschland. Aber dazu brauchte man Geld. Und Grimminger zögerte nicht zu geben, was er erübrigen konnte, daneben auch das nur schwer zu beschaffende Papier und Umschläge für eine Fortführung des Postversandes. Es lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen, wieviel Geld Grimminger gegeben hat. Auch die bei den späteren Vernehmungen durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) genannten Zahlen sind nicht zuverlässig. Nur eines scheint sicher: es war so viel, dass die „Weiße Rose“ auf dieser Basis weiterarbeiten konnte und Hans Scholl ganz euphorisch wurde. „Er hat gedacht: Jetzt, jetzt können wir etwas machen“, bezeugte eine enge Freundin Sophie Scholls später. Grimminger setzte mit seiner Hilfe alles aufs Spiel: ohne wirklich Einfluss auf das Tun der Gruppe zu haben, finanzierte er diesen „Hochverrat“ am nationalsozialistischen Staat. Wenn die Gruppe aufflog, war es nur eine Frage der Zeit, bis man auch sein Mittun entdeckte. Und dann war seine jüdische Frau, die nur noch durch ihre Ehe geschützt war, aufs Äußerste gefährdet: „Meine Frau hatte mich inständig gebeten, ich soll mich nicht an der Verschwörung beteiligen, um meinetwillen, um ihretwillen – ich tat es dennoch! Ich tat es, weil ich nicht anders konnte. Ich konnte es nicht mehr mit ansehen, was alles an Scheußlichkeit und Verbrechen begangen wurde.“ – So erklärte Grimminger selbst später sein Verhalten.

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