Friedensarbeit im wahrsten Sinne
Auf seiner zweitägigen Tour zu acht NS-Gedenkstätten hat der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl auch in Crailsheim haltgemacht.
SEBASTIAN UNBEHAUEN | 12.09.2013

Es gibt Begegnungen, die bleiben nicht folgenlos. Als Ursula Mroßko, Vorsitzende des Crailsheimer Arbeitskreises Weiße Rose, vor einiger Zeit Regierungspräsident Schmalzl auf den Fluren des Stuttgarter Landtags über den Weg lief, da ließ sie ihn wissen: "Es gibt neben Sophie Scholl auch Hans Scholl." Sie meinte damit: Es gibt auch Crailsheim (wo Hans geboren wurde), nicht nur Forchtenberg (Sophies Geburtsort, den Schmalzl schon öfter besucht hat). Der Politiker hat sich die milde Mahnung offenbar zu Herzen genommen. Am Dienstag jedenfalls war Crailsheim eine Station seiner zweitägigen Gedenkstättenreise.
Mroßko dankte es ihm, indem sie bei einem Empfang im Rathaus all die Orte und Formen des Gedenkens an das und der Auseinandersetzung mit dem Erbe der Scholls und Eugen Grimmingers vortrug, die in den vergangenen Jahren in der Stadt etabliert wurden: Die Ausstellungs-Vitrine im Rathaus, der "Tag der Weißen Rose" an Hans Scholls Geburtstag, die Wanderausstellung zum Thema, das Scholl-Grimminger-Forum in Ingersheim, durch welches anschließend Hannes Hartleitner führte.
Auch eine echte Neuerung hatten Mroßko und Stadtarchivar Folker Förtsch zu präsentieren: Die Ausstellung, welche die Weltanschauungen der Weißen Rose und der Nazis gegenüberstellt und auf eine Einordnung weitgehend verzichtet, wird künftig multimedial ergänzt.
Auf einem berührungsempfindlichen Monitor können sich Interessierte durch Biografien klicken, Faksimiles der Flugblätter und Filmausschnitte mit Zeitzeugenberichten ansehen oder sich ins Gästebuch eintragen - was Schmalzl natürlich gleich tat. Das dürfte die in Crailsheim konzipierte Schau noch begehrter machen, als sie sowieso schon ist: Sie war bereits in München zu sehen, demnächst gastiert sie in Winnenden.
Der Regierungspräsident zeigte sich beeindruckt: "Sie versuchen immer wieder, die Brücke in die Gegenwart zu schlagen. Machen Sie weiter so!" Der ehemalige Dekan Peter Pfitzenmaier freilich warf auch ein kritisches Schlaglicht auf die hiesige Gedenkkultur, als er anmerkte, die Crailsheimer erinnerten sich "lieber an eine Belagerungsszene" als an das Erbe des Widerstands. "Ich bin froh, dass wir Horaffen backen und keine weißen Rosen", wandte da Oberbürgermeister Rudolf Michl ein. "Das ist eine ganz andere Form von Erinnerung."
Schmalzl jedenfalls war es wichtig zu betonen, wie wichtig Gedenkstätten als "Lernorte" seien: "Das ist Friedensarbeit im wahrsten Sinne des Wortes." Es gelte, "gemeinsam Werte zu vermitteln" - und Crailsheim sei eine "ganz, ganz wichtige Station" auf seiner Reise.
Info Wegen des Volksfests wird der "Tag der Weißen Rose" heuer nicht am 22., sondern am 29. September begangen. Ab 19 Uhr spricht Hasso von Haldenwang über Friedrich von Praun.
(Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Hohenloher Tagblatts)